Von Joris Feldmann
Hannover. Ob im Handwerk, in der Verwaltung oder in Restaurants: Überall fehlen Menschen, die die Arbeit erledigen. Nach Angaben des Kompetenzzentrums Fachkräfte, ein Projekt des Bundeswirtschaftsministeriums, gibt es aktuell in der Region Hannover für fast jede zweite offene Stelle keinen qualifizierten Arbeitssuchenden Bewerber oder keine entsprechende Bewerberin. Einige Firmen sehen darin eine Chance: New Start Germany, ein Start-up aus Hannover, vermittelt Fachkräfte aus dem Ausland – die Hürden sind allerdings hoch.
„Die Bürokratie in Deutschland macht es sowohl für Unternehmen als auch für die Fachkräfte schwer“, sagt Max Krüger, der das Unternehmen an der Luisenstraße vor eineinhalb Jahren mit Naser Nek Capric gegründet hat. Der Bedarf ist da: Laut dem Institut der deutschen Wirtschaft konnten 2023 bundesweit 570.000 stellen nicht besetzt werden. Für Verbraucher bedeutet das: Arzttermine sind schwer zu bekommen, Bauprojekte verzögern sich, Restaurants schließen.
Capric, der noch immer Geschäftsführer einer Consulting-Firma ist, und Krüger, der bereits im Personalbereich gearbeitet hat, entschieden sich, ihr Wissen und ihre Erfahrungen zu bündeln. Ihre Idee ist es, nicht nur Arbeitskräfte zu vermitteln, sondern auch deren integration in Deutschland zu unterstützen. „Unsere Erfahrung hat uns gezeigt, dass es nicht nur darum geht, die richtigen Menschen für die richtigen Jobs zu finden. Es geht auch darum, ihnen einen echten Neustart zu ermöglichen“, erklärt Capric.
Der Einstellungsprozess beginnt oft mit einem verzweifelten Anruf: Vor allem Unternehmen, die technische Jobs wie Mechatroniker, Elektriker und Automatisierungstechniker zu vergeben haben, haben einen akuten Personalbedarf und machen einen Großteil der Kundschaft des Start-ups aus. Capric und Krüger aktivieren dann ihr Netzwerk aus selbstständigen Recruitern in Ländern wie Albanien, Kosovo, Montenegro, Marokko und dem Iran.
Doch der Weg von der ersten Kontaktaufnahme bis zum Arbeitsplatz in Deutschland ist weit. Zunächst müssen die Qualifikationen der ausländischen Fachkräfte hier anerkannt werden. Erst dann kann die Fachkraft ein Arbeitsvisum beantragen, die Voraussetzung für den Vertragsabschluss. Nach der Einreise in Deutschland muss binnen drei Monaten bei der Ausländerbehörde ein Aufenthaltstitel für Erwerbstätige beantragt werden, auch die Kranken- und Sozialversicherung muss im Vorfeld geregelt sein. Der gesamte Prozess kann bis zu zwölf Monate dauern. Immerhin: Jüngste Reformen wie die „Chancenkarte“ helfen; diese ermöglicht es Arbeitskräften aus Drittstaaten, zur Arbeitsplatzsuche nach Deutschland einzureisen.
Auch Imad Belkhyat kam durch New Start Germany nach Deutschland. Der Marokkaner (34) ist seit dem 1. Mai in Waldenburg (Baden-Württemberg) als Elektriker tätig. Sein Traum war es schon lange, in Deutschland arbeiten zu können. „Ich habe mich schon vorher bei Betrieben beworben, aber nie eine Antwort erhalten“, erzählt er. Das änderte sich, nachdem er auf Capric und Krüger aufmerksam geworden war. „Neben der Jobvermittlung haben sie mir unter anderem ein Visum verschafft, eine Wohnung vermittelt, mit mir ein Konto eröffnet und die Anmeldungen bei der Versicherung übernommen.“ Belkhyat bringt neun Jahre Berufserfahrung mit. Über seinen aktuellen Job sagt er: „die Arbeit gefällt mir sehr.“
Krüger und Capric sehen ihre Arbeit als einen gesellschaftlichen Beitrag an, langfristig Verbindungen zwischen Unternehmen und internationalen Fachkräften aufzubauen. „Migration ist unumgänglich“, betont Capric. „Wir müssen uns darauf einstellen, dass Fachkräfte aus dem Ausland ein wesentlicher Bestandteil unserer wirtschaftlichen Zukunft sein werden.“